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30. November 2016

Werner Bergengruen: Der Tod von Reval

Ich hatte vor einiger Zeit nach Literatur verlangt, welche sich dem schöpferischen Wirken ihrer Protagonisten widme, siehe Der kleine Verfüger, vielleicht unter dem Einfluß des Genius Loci, wie sich nun herausstellt, da ich Werner Bergengruens Geschichten rund um die sonderlichen Unternehmungen, welche sich in den letzten Jahrhunderten in und um Reval um die leiblichen Überreste Verstorbener entspannen, gelesen habe, denn sein Sammelband Der Tod von Reval kommt dieser Forderung auf das Vorbildlichste nach.

Das Buch lehrt dabei mit jeder Geschichte von neuem, daß die Bemühungen Einzelner, insbesondere wenn sie nur ihren eigenen Interessen dienen, den immer gleichen Lauf der Welt nicht aus den Angeln zu heben vermögen. Es malt eine Welt, deren Eigensinn sowohl ihre Liebenswürdigkeit als auch ihr Fortwähren verbürgt, eine reale Variante der Verhältnisse in Tolkien's Auenland.

Freilich, andernorts ballten sich die Schaffenskräfte zu größeren Unternehmungen zusammen, ungehindert von der Beschränkung auf den Markt der Obrigen, welchem höchstens an militärischer Innovation gelegen ist, doch nicht in entlegenen Provinzen, und also kam der Fortschritt schließlich auch von außen her nach Reval.

Indes, was der einen Frust war, war den andern behagende Vertrautheit, und es läßt sich trefflich darüber disputieren, was der Mensch denn braucht, um in der natürlichen Welt, wie Gott sie schuf, glücklich zu sein, wobei jeder noch so unbewegten Zeit natürlich hunderte von Jahren des Erkundens voraufgegangen sind, auf welchen sie sich ausruht.

Alles in allem ein sehr unterhaltsames und durch bloßen Bericht fundamentale Wahrheiten darstellendes Buch.

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