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29. April 2012

Von den anvertrauten Pfunden

Da sie nun zuhörten, sagte er weiter ein Gleichnis, darum daß er nahe bei Jerusalem war und sie meinten, das Reich Gottes sollte alsbald offenbart werden, und sprach: Ein Edler zog ferne in ein Land, daß er ein Reich einnähme und dann wiederkäme. Dieser forderte zehn seiner Knechte und gab ihnen zehn Pfund und sprach zu ihnen: Handelt, bis daß ich wiederkomme! Seine Bürger aber waren ihm feind und schickten Botschaft ihm nach und ließen sagen: Wir wollen nicht, daß dieser über uns herrsche.
Und es begab sich, da er wiederkam, nachdem er das Reich eingenommen hatte, hieß dieselben Knechte fordern, welchen er das Geld gegeben hatte, daß er wüßte, was ein jeglicher gehandelt hätte. Da trat herzu der erste und sprach: Herr, dein Pfund hat zehn Pfund erworben. Und er sprach zu ihm: Ei, du frommer Knecht, dieweil du bist im Geringsten treu gewesen, sollst du Macht haben über zehn Städte.
Der andere kam und sprach: Herr dein Pfund hat fünf Pfund getragen. Zu dem sprach er auch: Du sollst sein über fünf Städte.
Und der dritte kam und sprach: Herr, siehe da, hier ist dein Pfund, welches ich habe im Schweißtuch behalten; ich fürchtete mich vor dir, denn du bist ein harter Mann: du nimmst, was du nicht hingelegt hast, und erntest, was du nicht gesät hast. Er sprach zu ihm: Aus deinem Munde richte ich dich, du Schalk. Wußtest Du, daß ich ein harter Mann bin, nehme, was ich nicht hingelegt habe, und ernte, was ich nicht gesät habe? Warum hast du denn mein Geld nicht in die Wechselbank gegeben? Und wenn ich gekommen wäre, hätte ich's mit Zinsen erfordert. Und er sprach zu denen, die dabeistanden: Nehmt das Pfund von ihm und gebt es dem, der zehn Pfund hat. Und sie sprachen zu ihm: Herr, hat er doch zehn Pfund. Ich sage euch aber: Wer da hat, dem wird gegeben werden; von dem aber, der nicht hat, wird auch das genommen werden, was er hat. Doch jene meine Feinde, die nicht wollten, daß ich über sie herrschen sollte, bringet her und erwürget sie vor mir.
Es geht in diesem Gleichnis allgemein darum, Verantwortung für andere zu tragen, ihr Wohl zu mehren oder im Falle von Unfähigkeit entlassen, im Falle von Widerwillen dagegen vernichtet zu werden. Insbesondere geht es aber um die Kirche und ihre Pflicht, das Gute in einem Volk zu mehren, damit beginnend, die Ansätze zum Guten in ihm zu lieben und sie im anleitenden Umgang mit ihm auszubauen.

Es geht, könnte man sagen, um den Sinn der Feindesliebe, das Gute auch im Feind zu erkennen und es durch sie zu mehren.

Vorausgesetzt allerdings, daß es da wenigstens ein Pfund gibt, mit welchem man beginnen kann zu handeln.

Gehet hin und formet die Menschen zum Besseren um oder vergehet.

Und das ist wahr.

Ist es darum falsch, wenn jemand sagt, daß Gott die einen schon selber formt und die anderen durch nichts und von niemandem geformt werden können?

Nein, auch das ist wahr.

Des Rätsels Lösung besteht darin, daß diesen beiden Einsichten nicht ein und dasselbe Volk zu Grunde liegt.

Wie ich es selbst zuvor bereits ausgeführt habe, unterscheiden sich Ringende, Suchende, Achtende und Versuchende in ihrer Religiösität. Ringende können nicht geformt werden, Suchende müssen nicht geformt werden, aber Achtende und Versuchende können und sollten geformt werden.

Das Christentum ist in dieser Frage auf die Römer zugeschnitten und der Islam auf die Araber.

Der Unterschied zwischen Achtenden und Versuchenden besteht darin, daß die Achtenden Formungen voriger Generationen tradieren und die Versuchenden eher nicht.

Da sich die Versuchenden also in jeder Generation in derselben Lage befinden, gilt die obige Einsicht der Notwendigkeit der Feindesliebe zu ihrer Umwandlung zum Guten hin also auch für alle Generationen. Für die Achtenden ist das hingegen nicht notwendigerweise der Fall, nämlich dann nicht, wenn sie in vorigen Generationen derartig zum Schlechten hin umgeformt wurden, daß es schlicht kein Pfund mehr gibt, mit welchem man handeln könnte.

Es liegt in ihrer Natur, sich für das Schlechte zu begeistern, da es sie zu den Ringenden hinzieht. Dem entgegen steht einzig das Lenkungsinteresse zwischen ihnen und den Suchenden, doch dieses muß sich in konkreten Akten äußern und konkrete Akte gelingen nicht immer.

Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis sie sich in Hinblick auf ihre Formbarkeit den Ringenden angepaßt haben, sie erstarren, und sie erstarren in einem schlechten Zustand.

Allerdings können sie verjüngt werden, wenn auch nicht von innen, sondern durch ein äußeres Vorbild. Denn wenn ihnen die Überlegenheit einer anderen Gesellschaft klar vor Augen steht, übernehmen sie auch bereitwillig deren Glauben.

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